Friedlandglocke
Die Friedlandglocke, auch bekannt als „Glocke der Versöhnung“ oder „Glocke der Freiheit“, steht im Grenzdurchgangslager Friedland in Niedersachsen.
Am ersten Advent 1949 wurde die Eisenhartgussglocke als Geläut der evangelischen Lagerkapelle eingeweiht. Damals stand sie noch auf einem hölzernen Glockenstuhl neben dem hölzernen Kapellengebäude, das die Last der 700 kg schweren Glocke nicht tragen konnte. Später wurde sie auf einen Betonsockel verbracht und erhielt im Frühjahr 1954 einen markanten Aufbau aus Stahl, der ein Kreuz auf einer Weltkugel symbolisiert.
Die Friedlandglocke wurde nicht nur zu den Andachten und sonntäglichen Gottesdiensten geläutet, sondern begrüßte in den 1950er Jahren auch die ankommenden Aussiedler und ehemalige Kriegsgefangene. Diese wurden über Friedland aus der oft jahrelangen Internierung in sowjetischen Lagern entlassen. Vielen ist der Klang der Glocke bei ihrer Ankunft im Durchgangslager im Gedächtnis geblieben.
Weil die Friedlandglocke zu einem Symbol für Heimat und Freiheit geworden war, nutzte der Verband der Heimkehrer (VDH) sie auch als wirksames Werbemittel: Im Rahmen seiner „Grenzlandfahrten“ und der Deutschlandtreffen des Verbandes wurde sie an verschiedene Orte in der Bundesrepublik transportiert. Parallel zu den Festumzügen sammelte man Spenden für die Versorgung von Kriegsheimkehrern, später auch für die Errichtung einer Gedenkstädte in Friedland. Große mediale Aufmerksamkeit erhielt die Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, unter denen nachweislich auch Kriegsverbrecher waren. Einige der Heimkehrer waren bereits mit dem Klang der Glocke vertraut, da ihr Läuten in der Silvesternacht über die deutschen Auslands-Radiosender übertragen wurde und so somit auch in weiter Ferne hörbar war.
Nach 1975 verblieb die Glocke auf einem festen Sockel im Lager Friedland, das auch heute noch als Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete aus der ganzen Welt fungiert. Zudem ist sie Teil eines digitalen Rundgangs, mit dem das Museum Friedland Geschichte und Gegenwart des Ortes online erfahrbar macht.
Die Friedlandglocke - Historischer Hintergrund
Die zur evangelischen Kapelle gehörige Friedlandglocke war Teil des Grenzdurchgangslagers Friedland, das im September 1945 von der britischen Militärregierung eingerichtet wurde. Das Lager diente dazu, die durch den Krieg ausgelösten großen Flüchtlingsströme zu regulieren und Unterkünfte bereitzustellen. Vor Ort wurden die Ankömmlinge registriert, notdürftig versorgt und dann in ihre Bestimmungsorte weitergeleitet.
Hilfsorganisationen wurden damals zu wichtigen Akteuren im Lager und übernahmen immer mehr Verantwortung. Die „Innere Mission“ als Hilfswerk der evangelischen Kirche betrieb eine Krankenstation im Lager und veranstaltete regelmäßige Gottesdienste und Andachten bei der Ankunft von Flüchtlingen oder Kriegsheimkehren. Zu diesem Anlass wurde auch die Friedlandglocke geläutet. Vielen blieb ihr Klang in besonderer Erinnerung.
Das Lager Friedland erlangte im Vergleich zu anderen Durchgangslagern als „Tor zur Freiheit“ einen hohen Bekanntheitsgrad, was besonders auf die Heimkehr der letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion zurückzuführen ist. Diese wurden 1955 medienwirksam und unter großer Anteilnahme in Friedland begrüßt. Für die neu gegründeten Interessensverbände der Vertriebenen und Heimkehrer wurde Friedland so immer mehr zu einem symbolisch aufgeladenen und politisch instrumetalisierten Ort. Die Entlassenen wurden größtenteils als Opfer verklärt, die in der Sowjetunion großes Unrecht erlitten hatten.
Auch die Friedlandglocke als Symbol der Freiheit wurde im Rahmen deutschlandweiter Veranstaltungen des VDH zum Sammeln von Spenden genutzt. Pläne, die Glocke in das neu errichtete Heimkehrerdenkmal zu integrieren, wurden verworfen, da man ihren Platz weiterhin im Grenzdurchgangslager sah. Weil dieses noch immer als Erstaufnahmeeinrichtung aktiv ist, wird auch die Glocke bis heute durch die Lagerkapelle der inneren Mission genutzt.