1696 erwarb der im Taunus residierende Georg August Samuel von Nassau-Idstein ein Grundstück am Rhein bei Biebrich - und zwar genau da, wo der Mosbach in den Rhein fließt - und ließ dort einen französischen Barockgarten mit einem einfachen Gartenhaus errichten. Er stellte fest, dass er gerne am Rhein weilte und so ließ er statt des Gartenhauses ein kleines Wohnschlösschen errichten. Auch seiner Gattin gefiel es hier und auch sie bekam ihr eigenes, identisches kleines Schloss. In knapp 100 Metern Entfernung voneinander konnten Fürst und Fürstin nun morgens vor die Türen ihrer baugleichen Schlösschen treten, den Rhein begrüßen und sich zuwinken, wenn sie nicht gerade in ihrem Stammhaus in Idstein hinterm Taunuskamm weilten. Die beiden Ursrpungsschlösschen sind in der heutigen Schlossanlage noch gut erkennbar: Sie bilden die hervorspringenden rechten und linken Abschlüsse der Rheinfront. Wenn man die Gesamtanlage heute sieht, kann man sich nicht so recht vorstellen, dass beim Bau dieser beiden Teile ursprünglich nicht daran gedacht war, sie später einmal miteinander zu verbinden, aber so war es wohl.
Erst als die beiden beschlossen, aus ihrer Wochenendresidenz ein Lustschloss für offizielle Feste und Empfänge zumachen, tauchte die Idee einer Gesamtanlage auf. Mit ihrer Planung wurde der kurmainzische Oberbaudirektor Maximilian von Welsch beauftragt. Er entwarf, nach dem Vorbild der Orangerie in der Kasseler Karlsaue, die zunächst nur erdgeschossigen, verbindende Galerien mit der Rotunde in ihrer Mitte. Letztere war der architektonische Clou der Anlage: Das Erdgeschoss war als Grotte mit Wasserspielen gestaltet, aus der man, durch eine Öffnung in der Decke, in den darüberliegenden Kuppel- und eigentlichen Festsaal blickte, der sich im Kuppelauge seinerseits zum Himmel öffnete.
1721 starb der Fürst. Sein Nachfolger, Karl von Nassau-Usingen, ließ die Anlage weitgehend vollenden, indem er die im Osten und Westen rechtwinklig anschließenden Flügel bauen ließ. Die Galerien ließ er aufstocken, aber wohl weniger aus Proportionsgründen oder Platzmangel, sondern weil er das undichte Flachdach des Erdgeschosses nicht in den Griff bekam (ein Satteldach auf einem zweigeschossigen Bau fällt natürlich weniger ins Gewicht als auf einem Eingeschossigen).
1744 wurde Wiesbaden Regierungssitz von Nassau-Usingen und Karl verlegte seine Residenz aus dem abgelegenen Usingen nach Biebrich. So wurde das beschauliche Biebrich für rund 100 Jahre zur Residenzstadt, bis 1841 in Wiesbaden das Stadtschloss fertiggestellt war und Biebrich von der Fürstenfamilie nur noch in den Sommermonaten bewohnt wurde.
Nach der Annektion des Herzogtums Nassau durch Preußen verfiel das Schloss über etliche Jahrzehnte. Seine wertvollen Gewächshausbestände wurden nach Frankfurt verkauft, wo sie den Grundstock für die Ausstattung des Palmengartens bildeten. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Ostflügel zerstört und anschließend durch die Stadt Wiesbaden abgebrochen. Im Jahre 1960 war das Schloss so heruntergekommen, dass es den Spottnamen „Rattenburg am Rhein“ erhielt - in Anspielung auf seinen alten Beinamen „Versailles am Rhein“. Nur die Anmietung durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) bewahrte es wohl vor dem vollständigen Einsturz. Erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgte eine umfassende Instandsetzung durch das Land Hessen. In den Jahren 1980 bis 1982 wurde der Ostflügel in veränderter Form, spiegelbildlich zum Westflügel, wiederaufgebaut.
Schloss Biebrich besticht durch seine Heiterkeit, die es nicht zuletzt der unglaublich malerischen Lage am Rhein verdankt. Aber auch die Architektur trägt dazu bei, insbesondere die transparenten Galerientrakte und die Rotunde, auf der das Licht zu jeder Tageszeit anders steht.
Mit dem Landesamt für Denkmalpflege hat sich ein ziemlich passender Nutzer gefunden. In der ehemaligen Grotte ín der Rotunde ist ein Café eingezogen und im wiederaufgebauten Ostflügel betreibt die Filmbewertungsstelle einen Kinosaal. Natürlich wird das Schloss auch für Empfänge genutzt und das Wiesbadener Standesamt hat hier eine Außenstelle.