B: Du hebst deinen Kopf und blickst auf die ovalförmige Kuhle vor dir. Tief in ihr liegt, fast klein wie eine Pfütze, der Francketeich. Winzig. In diesem Toteisloch, das einmal ein Wildgehege war, das einmal voller Wasser war. Und davor Eis. Und nun dessen Abdruck geworden ist. Manchmal rennt ein Hund über den Rasen oder eine Amsel setzt sich ans Ufer und trinkt. Eine Gruppe von Menschen durchquert das Tal, Kinder spielen auf der Wiese. Dann ist der Ruf des Reihers zu hören, hoch über den Bäumen.
Wie lange hast du gebraucht für diese knapp zweieinhalb Kilometer, die hinter dir liegen? Vom Bosepark bis hierher? Wenn ein Gletscher für 100 Meter ein Jahr benötigt, bräuchte er rund 25 Jahre für diese Strecke. 25 Jahre, in denen er sich durch die Landschaft fräst und sie komplett verändert zurücklässt, sich selbst zurücklässt.
A: Dieser Spaziergang ist eine Momentaufnahme. Von einem Jetzt, einem Heute, an dem du den Gletscherarchipel entlang gegangen bist. Gestern war er nicht so, wie du ihn heute gesehen hast, morgen würdest du ihn wahrscheinlich schon ganz anders erleben. In einem, in zehn, in 100 Jahren. In 6000 Jahren. Seine Namen und Landschaften verändern sich, Geschichten und Erinnerungen schreiben sich ein, verschwinden wieder, eine Begegnung.
Und dennoch: Alles ist da, weil etwas da war und alles wird da sein, weil etwas da ist. Die Kuhle vor dir, der Abdruck des Toteises, das vom Gletscher brach, als dieser vor 12 oder 14 000 Jahren zu schmelzen begann. Der Sockel, auf dem der Junge und der Tintenfisch saßen. Der stinkende See. Die Wiesen, die Straßen, die einst Wasser waren. Wie wird dieser Ort wohl in 12 oder 14 000 Jahren aussehen? Tief unter der Eisschicht wälzt sich das Geröll der Zeit durch die Landschaft. Manches bleibt liegen, kommt zum Vorschein. Ein Findling, eine Geschichte, anderes fließt ab, versinkt tief im Boden, der es vielleicht woanders wieder hervorbringt. Verwandelt. In seiner Lebendigkeit.