Der Bau des Turms von Belem wurde im Jahr 1515 vom portugiesischen König Manuel dem Ersten veranlasst. Der 35 Meter hohe Turm sollte als eine von drei Festungen zur Verteidigung der Stadt dienen. Die Fertigstellung unter der Leitung des Architekten Francisco de Arruda erfolgte sechs Jahre später, im gleichen Jahr, in dem der König starb. Portugals Schiffsflotte war damals die mächtigste der Welt und hatte als solche viele Feinde. Um einen Angriff von See frühzeitig bemerken zu können, hatte bisher ein Schiff die Zufahrt zum Hafen bewacht. Der mitten im Fluss Tejo stehende 5-stöckige Turm übernahm von nun an diese Aufgabe. Von der Aussichtsplattform im obersten Stockwerk können Besucher auch heute noch nach feindlichen Flotten Ausschau halten. Dass man beim Besuch des Turms heutzutage keine nassen Füsse bekommt, liegt daran, dass im 19. Jahrhundert das Ufer aufgeschüttet wurde.
Der Turm von Belem ist im Stil der Manuelinik erbaut. Benannt ist dieser nach König Manuel dem Ersten. Angewendet wurde er nur in Portugal und nur während bzw. kurz nach Manuels Regierungszeit zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Der Emanuelstil, wie er auch genannt wird, ist eine Mischung aus Spätgotik und südeuropäischen Gestaltungselementen. Hinzu kommen Anleihen aus der Seefahrt, wie zum Beispiel Schiffstaue.
An einer Seite des Turms sieht man die älteste europäische Darstellung eines Nashorns. Inspiriert wurde sie durch ein Panzernashorn, das Anfang des 16. Jahrhunderts von portugiesischen Seefahrern aus Indien eingeführt worden war.
Ende des 16. Jahrhunderts besetzten spanische Truppen die Stadt. Der Turm diente ihnen als Zollstation und der Keller wurde als Kerker benutzt. Wer den Turm besucht, kann auch die niedrigen, engen Zellen betreten. Hier eingesperrt zu sein, war wirklich eine Strafe. Die Nutzung als Gefängnis dauerte bis ins 19. Jahrhundert hinein.
Was die Spanier und das Erdbeben von 1755 nicht schafften, das gelang den französischen Truppen während der napoleonischen Invasion: Der Turm wurde schwer beschädigt. Nachdem man ihn im Jahr 1846 restauriert hatte, wurde er 1910 zum Nationaldenkmal und ist heute Bestandteil des UNESCO Weltkulturerbes sowie eins der sieben Wunder von Portugal.